Die Aufzucht von Schlüpflingen

Wie werden diese frisch geschlüpften T.hermanni boettgeri Nachzuchten wohl in einigen Jahren aussehen?

Gesunde und glatt gewachsene Schildkröten sind das Ziel eines jeden verantwortungsvollen Züchters. An dieser Stelle berichte ich von meinen Erfolgen und Fehlern bei der Aufzucht meiner Thb-Nachzuchten in den vergangenen 14 Jahren. Da ich meine Nachzuchten in der Regel einige Jahre behalte, kann ich die Entwicklung fortlaufend verfolgen. Zwischen der Haltung in der allerersten Lebensphase und der späteren Wachstumsentwicklung scheint es einen Zusammenhang zu geben.

Aufzucht im "klinisch reinen" Terrarium 2004

3-jährige Nachzucht von 2004

2007: Aufzucht auf Bodengrund Floraton 3

3-jährige Nachzucht von 2006

2014: Aufzucht in feuchtem Pflanzenfilz

4-jährige Nachzucht von 2014

 

Was Schlüpflinge brauchen: Wärme, Feuchtigkeit, Schutz, etwas Sonne, viel Schatten, Futterpflanzen

In ihren ersten Lebenswochen leben Schlüpflinge sehr versteckt in einem Filz aus Gras, Wurzelwerk und Moos. Sie meiden weitläufige Flächen. Die Gefahr, von Fressfeinden entdeckt zu werden wäre viel zu groß. Diesem Instinkt komme ich entgegen, indem ich den Schlüpflingen tiefgründiges Material zum Verkriechen zur Verfügung stelle. Es schützt gleichzeitig vor Feuchtigkeitsverlust. Nur bei Temperaturen um 28°C kommen die Tiere kurzfristig zum Fressen zum Vorschein. Selten setzen sie sich der direkten Sonne aus. Der Unterschlupf ist jederzeit in Sekundenschnelle erreichbar. Dies konnte ich auch im natürlichen Lebensraum auf Mallorca und in Bulgarien beobachten.

Einjährige T.hermanni hermanni auf Mallorca

 

Wie lässt sich das realisieren?

Für die ersten Lebenswochen ist ein transportables Schlüpflingsgehege ideal, das sich nach Bedarf in die Sonne oder in den Schatten, ins Gewächshaus oder zur Not auch ins Haus tragen lässt, ohne dass die Tiere ihre gewohnte Umgebung wechseln müssen. Für ca. 6 Schlüpflinge Ich nehme eine 30x40cm Plastikbox, in deren Boden ich einige Löcher gebohrt habe.

Die relativ geringe Grundfläche der Box wird vielleicht überraschen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass nicht so sehr die Grundfläche sondern die Tiefe des Substrates entscheidend ist, damit die Tiere sich wohl fühlen.

Nicht unwichtig: die Farbe. Weiße oder durchsichtige Wände animieren dazu, dass die kleinen Schildkröten stundenlang an den Wänden herumkraxeln. Vielleicht erinnern sie sich an das Verlassen der Eischale? Wer weiß... Eine schwarze Box würde sich in der Sonne zu stark aufheizen. Also wähle ich einen Farbton von mittlerer Helligkeit.

Schritt 1: Eine vorbereitete Pflanzschale mit Futterpflanzen wird eingesetzt. (hier z.b. Löwenzahn, Wegerich, Monatserdbeeren und ein Hauswurz.) Die Zwischenräume werden fest mit Moos ausgestopft.

Schritt 2: Man nehme eine passende Plastik- oder Tupperschale...

 

... und errichte daraus ein "Sonnendeck". Die Schale wird mit dem Boden nach oben eingesetzt und mit einem alten Frotteelappen umwickelt.

 

Schritt 3: Es wird ein Topf mit weiteren Pflanzen hineingestellt. in diesem Fall ist es ein Golliwoog.

 

Schritt 4: Die Zwischenräume werden mit lockerem Gartenmoos gefüllt. Moos und Pflanzen werden gegossen. Und schon können die Schlüpflinge (oder die kurz vor dem Schlupf befindlichen Eier) einziehen.

 

Schritt 5: Ein Gitter ist überlebenswichtig, wenn die Box im Freien steht.

 

Die ersten Tage

Direkt nach dem Schlupf überführe ich die kleine Schildkröte in die Aufzuchtkiste. Es ist auch möglich, die Eier während des Schlupfes in die Box umzubetten. Hier befreit sich der Winzling von den Eischalen und nimmt kräftig Feuchtigkeit auf. Durch die Nachtabsenkung im Inkubator ist er bereits wechselnde Temperaturen gewöhnt. Die ersten 3-4 Tage verbringt er verborgen unter Moos und Wurzeln. Meist kommen die Kleinen am 4.Tag zum Vorschein und beginnen an den Futterpflanzen zu knabbern.

Das Moos wird täglich mit der Gießkanne gegossen. Es darf am Boden klitschnass sein. Überschüssiges Wasser wird aus den Löchern herauslaufen. Eine Badeschale ist  nicht nötig. Bei dieser Art der Haltung besteht auch nicht die Gefahr, dass die Winzlinge in der Schale auf dem Rücken landen und evtl. ertrinken. Das Moos wird alle 2-3 Wochen gewechselt.

Die Schlüpflinge bedienen sich selbstständig an den Pflanzen. Es ist nicht notwendig, täglich frisches Futter zu sammeln. Sind die Futterpflanzen abgefressen, wird das Pflanzbehältnis gegen ein zweites (gleich großes) ausgetauscht und die Pflanzen aus dem ersten Set haben Zeit, sich zu erholen.

Obwohl Schlüpflinge die meiste Zeit des Tages versteckt leben, ist ein  "Sonnendeck"  wichtig, damit die Tiere tagsüber die Gelegenheit haben zu trocknen und Sonne zu tanken. Auf diese Weise siedeln sich keine feuchtigkeitsliebenden Pilze oder Bakterien am Panzer an. Der Lappen auf dem Sonnendeck wird nach Bedarf ausgetauscht und ausgewaschen. Wenn irgend möglich, sollte es natürliche Sonne sein - keine Strahler.

Heizen: Wenn die Tage kühler werden, muss für zusätzliche Wärme gesorgt werden. Dazu wickelt man entweder ein Heizkabel um die Box oder stellt seitlich eine Heizmatte hinein. Zugegeben - ich lege auch gern eine Heizmatte unter einen Teil der Box. Negative Folgen - wie der berüchtigte verdickte Bauchpanzer - habe ich bisher nicht festgestellt. Strahler verwende ich nur noch in Ausnahmefällen, da sie meiner Erfahrung nach die Austrocknung und damit die Höckerbildung begünstigen.

 

 

Futter

Futterpflanzen ziehe ich in unterteilten Plastikgefäßen vor, die ich schon im Frühjahr vorbereitet habe. Die Behälter werden einfach mit Gartenerde gefüllt und sich selbst überlassen. Samen von Gänsedisteln, Löwenzahn, Breitwegerich, Schaumkraut und anderen Unkräutern befinden sich genügend in der Erde. Sie keimen von selbst. Gras wird konsequent entfernt. Habichtskraut, Sedum, Hauswurz oder Monatserdbeeren lassen sich gut einpflanzen. Die Behältnisse werden komplett in die mobile Box eingesetzt.

Wenn man die Behälter über Winter im Frühbeet oder Gewächshaus stehen lässt, hat man schon im zeitigen Frühjahr abwechslungsreiches Futter.

 

 

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